Über das Leben der Shaolin

Das Shaolin Kloster

Das Shaolin Kloster ist als Geburtsort des Shaolin Kung Fu bekannt. Ursprünglich war dieser Tempel eine Lehrstätte des Buddhismus. Wie in vielen anderen Klöstern lebten auch hier indische Mönche. So zu Beginn des 6. Jh. n. Chr. der Mönch Bodhiruchi, der die indischen Schriften ins Chinesische übersetzte, und einige Jahre später auch Bodhidharma, der einer Legende zufolge neun Jahre lang meditiert haben soll.

Der Tempel

Der Tempel wurde in den westlichen Ausläufen des Songshan-Gebirges in der Provinz Henan vom Kaiser Xiaowendi (421-499 n. Chr.) aus der nördlichen Wei Dynastie im Jahre 496 n. Chr. für einen indischen Mönch erbaut. Der Songshan ist einer der fünf heiligen Berge Chinas, in seinem Umkreis haben sich damals zahlreiche Klöster angesiedelt. Am Anfang entstand am Ort des Shaolin-Tempels ein Kuppelbau als Reliquienschrein sowie eine Plattform, auf der die ersten Mönche für ihre Übersetzungen der Schriften Platz nahmen. Später wurden mit zunehmender Größe immer mehr Gebäude hinzugebaut, von reinen Nutzräumen zum Schlafen, Essen usw. bis zu Räumen für Meditation, Lehre und Studium sowie für die täglichen körperlichen Übungen und für das Kampftraining.

Große Bedeutung für die Entstehung der Kampfkunst in diesem Kloster schreibt man Bodhidharma zu, der den Schwerpunkt der buddhistischen Lehre auf die Meditation legte, und der als Begründer dieser neuen Form des Buddhismus gilt, die inzwischen als Chan- oder Zen Buddhismus bekannt geworden ist. Die unterschiedlichen Schulen des Buddhismus wurden geprägt von der Auffassung und Auslegung derjenigen, die sie begründeten. Während viele ursprüngliche Formen des Buddhismus das Leben als einen Weg vieler Leiden auf der ständigen Suche nach Erlösung sahen, waren andere viel optimistischer eingestellt. Dies hing unter anderem mit den chinesischen Einflüssen zusammen, die mehr oder weniger stark die alte Form der Lehren verändert hatten. Das buddhistische Gedankengut wurde häufig an die chinesische Vorstellung über Leben, Glauben und Natur angepasst, um mehr Verständnis der komplizierten Ideen und vor allem mehr Akzeptanz im fremden Land zu finden.

Der Chan-Buddhismus

Der Chan-Buddhismus, der anfangs im Shaolin-Kloster praktiziert wurde, vertrat weniger die Idee, Erleuchtung ausschließlich durch jahrelange Meditation über die Zusammenhänge in der Welt zu erlangen.

Bodhidharma hatte durch seine eigenen Erfahrungen erkannt, dass zur Meditation auch ein körperlicher Ausgleich geschaffen werden muss. Deshalb brachte er den Mönchen Atemtechniken und körperliche Übungen bei, mit denen er den Grundstein des Shaolin Kung Fu legte. Allerdings verfolgte er mit diesen Übungen nur ein Ziel: die Stärkung und Gesundhaltung des Körpers.

Die Vorläufer

Die Shaolin-Kampfkunst gehört wie Taekwondo, Karate, Judo, etc. zu den ältesten Kampfsport-Techniken der Welt. Die Vorläufer der Kampfkunst wurden in China schon früher zu kriegerischen Zwecken und zum Zweck der Selbstverteidigung betrieben. Manchmal zogen sich ehemalige Militärangehörige, die in den Auseinandersetzungen und Machtkämpfen zwischen den Dynastien Erfahrungen im Kampf und in der Kriegstrategie gemacht hatten in die Klöster zurück, um neue Kampftechniken zu lernen oder sich nur noch geistlichen Lehren zu widmen. Zwischen ihnen und den Mönchen fand so ein ständiger Austausch statt.

Die Entwicklung der Kampfkunst

Einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Kampfkunst hatten auch die kriegerischen Stämme im Norden des Landes, die türkischen Volksgruppen, die Mongolen und viele anderen Nomaden und Reitervölker. Sie waren es gewohnt, sich immer wieder neuen Lebensraum zu unterwerfen. Auf diese Weise verbanden sie sich im Laufe der Jahrhunderte auch mit den Chinesen, deren Land sie besetzten und mit denen sie sich während ihrer Herrschaft teils aus politischen Gründen vermischten. Sie brachten die kämpferische, kriegerische Seite nach China, wo vorher schwerpunktmäßig sesshafte, vom Ackerbau und im geringen Maße von der Viehzucht lebende Menschen den Großteil der Bevölkerung ausmachten.

Die Stämme

Diese Stämme, die besonders im Norden immer wieder einfielen, zeitweise zurückgeschlagen wurden und oft eigene Herrscherdynastien oder zumindest kleine territorial begrenzte Reiche bildeten, waren selbst immer wieder von Übergriffen durch die Chinesen oder durch andere Völker bedroht. Daher waren sie geübt im Umgang mit Waffen und kriegerischen Auseinandersetzungen. Von ihnen lernten die Chinesen die Bedeutung des Kampfes kennen. Aber auch ihre Herkunft aus den Regionen, durch die sich schon früh die Seidenstraße zog, machte sie zu kämpferischen Völkern. Die Turkmenen, Parther und viele andere Stämme, die entlang der Seidenstraße nach Osten vorgedrungen waren, um von der Handelstätigkeit zu profitieren, hatten auch die Kämpfe um diese Route und die Vorherrschaft in den Gebieten, durch die sie sich zog, erlebt und hatten sie zur ihrer eigenen Existenzsicherung auch mit bestritten. Wenn es galt, ihre Handelswege zu sichern und auszubauen, ließen sie sich auf kämpferische Auseinandersetzungen mit Nachbarn ebenso wie mit fremden Völkern ein.

Aus diesen Gründen musste sich nicht nur das chinesische Militär, sondern auch die normale Bevölkerung, die immer mehr Erfahrung mit Kämpfen in ihrer Region machte, mit Schutztechniken für das eigene Leben und die eigene Existenz vertraut machen. Sie entwickelten Kampftechniken, die schließlich auch Eingang in das Lernprogramm im Shaolin Kloster fanden.

Die Erfahrungen

Durch eigene Erfahrungen und Erzählungen der reisenden Mönche über die Kampf- und Schutzmaßnahmen der Landbevölkerung, die oftmals ihre Habe und ihr Leben gegen Soldaten und Wegelagerer verteidigen mussten, wurden die Kampftechniken im Laufe der Zeit immer mehr verfeinert und mit anderen körperlichen Übungen und Bewegungsabläufen verknüpft. Bodhidharma (und außer ihm wahrscheinlich auch andere buddhistische Missionare) brachte eine weitere Dimension in die Entwicklung der Kampfkunst: dass vor allem nicht nur der Kampf selbst im Vordergrund steht, sondern auch Kampfdisziplin und die geistige Weiterentwicklung und Gesundheit des Menschen.

Seit seiner Gründung hat der Shaolin-Tempel eine wechselvolle Geschichte erlebt bis in die heutige Zeit, in der die Regierung der Volksrepublik China seine Werbewirkung erkannt hat und dort wieder Mönche leben, die das Bild des Shaolin-Klosters in früheren Zeiten wiederbeleben.

Seine Blütezeit hatte der Tempel vor etwa 1300 Jahren. Und seit 1500 Jahren wurde hier neben dem Studium der Buddhistischen Lehren die Kampfkunst unterrichtet.

Das Leben im Shaolin Tempel

Doch das typische Bild, wie es uns in vielen Kung Fu Filmen gezeigt wird, in denen eine kleine Gruppe von Mönchen den ganzen Tag trainiert oder andächtig den Ausführungen ihres Meisters lauscht, trifft nicht annähernd auf die Realität im echten Shaolin-Tempel. Zu seinen Glanzzeiten lebten und arbeiteten nämlich mehr als 2000 Mönche und auch Nonnen im Tempel. Während der Tang-Dynastie verlieh der Kaiser Taizong (626-649 n. Chr.) dem Tempel das Recht, eine kleine Truppe kämpfender Mönche auszubilden. Von ihnen wurden dann auch einige zu seiner Unterstützung ausgeschickt, als er in Gefahr war.

Daraufhin bot er ihnen aus Dankbarkeit öffentliche Ämter an, die sie aber ablehnten, da sie ihr Können für die Ausbildung von Mönchen und zum Schutz des Klosters einsetzen wollten. Sie boten jedoch für Gefahrzeiten weitere Unterstützung an. So erlaubte der Kaiser die Ausbildung von 500 Mönchen als Krieger, um eine Truppe von Elitekämpfern zu seiner Verfügung zu haben. So entwickelte sich die Kampfkunst immer mehr als wichtiger Zweig der Lehre des Shaolin-Klosters, und zwar sowohl zum Zweck des Selbstschutzes als auch für den Schutz anderer Personen.

Doch nicht alle Mönche und Nonnen waren Kämpfer. Es gab auch andere Bereiche, in denen sie sich betätigten, z.B. im Studium von Schriften, in der Ausbildung von Jüngeren, der Sicherung des Tempellebens durch Versorgung mit Nahrungsmitteln, Medizin und Kleidung und der Beschäftigung mit alten und neuen philosophischen Gedanken.

Die Popularität der Shaolin Mönche

So funktionierte der Tempel über Jahrhunderte hinweg als Gemeinschaft und als Akademie für Kampfkunst und für das Studium des Menschen und des Universums. Es gab sogar weitere Tempel im Land, die nach dem Vorbild des Shaolin Klosters aufgebaut und geführt wurden. Der Glanz der Shaolin hielt an, bis im Jahre 1674 eine über 100 Mann starke Gruppe von Mönchen erneut zur Hilfe für einen Kaiser herbeigerufen wurde. Unter der Führung von Cheng Kwang Tat, eines Mannes, der früher noch auf Seiten der Ming gegen die Eroberer des Landes gekämpft hatte, zogen sie aus, um den Quing Kaiser Kangxi (1662-1722) im Kampf zu unterstützen. Nach ihrem Sieg wurden auch ihnen zum Dank lukrative Posten und ehrenvolle Titel angeboten, doch auch sie lehnten ab und kehrten zurück in ihren Tempel.

Dieses Mal hatte das schlimme Folgen für die Shaolin, denn der Kaiser wurde überzeugt, dass so hervorragende Kämpfer, die von allen materiellen Verlockungen unabhängig schienen, eine Gefahr für ihn selbst darstellten. So wurde eine von abtrünnigen Mönchen beratene Armee ausgesandt, die den Tempel überfiel und niederbrannte. Dieser Anschlag forderte viele Opfer und zerstörte das Shaolin-Kloster.

Die Mönche und Nonnen mussten fliehen und zerstreuten sich zum Teil überall im Land. Manche suchten Unterschlupf in anderen Tempeln und viele blieben auch in der Nähe versteckt und setzten ihre Studien im Verborgenen fort.

Das Leben nach dem Tod des Kaisers Kangxi

Erst nach dem Tode des Kaisers Kangxi wurde der Tempel wieder aufgebaut und bestand bis 1925 fort, wenn auch nur als Abglanz seiner früheren Größe, da die eigentlichen Kampfkünste wegen der ständigen Bedrohung durch die mandschurischen Herrscher nur im Untergrund weitergegeben wurden. Dann entbrannte zwischen zwei militärischen Befehlshabern ein Streit um den Besitz des Tempels, den der eine zu seinem Stützpunkt gemacht hatte, und den der andere erneut in Brand setzte. Damit war die Geschichte des Tempels vorerst vorbei.

Der Tempel, heute

Das Shaolin Kloster befindet sich am Berg Song Shao, 14 Zugstunden südlich von Peking entfernt und wird derzeit vom Abt Shi Yong Xin geleitet. Dort leben ca. 70 Mönche.

Das Kloster ist für Touristen zur Besichtigung geöffnet. Das Kloster wird jährlich von ca. 2 Mio. Touristen besucht. Es finanziert sich durch Eintrittsgelder und Spenden, da der Staat die Mittel gestrichen hat. Der Abt Shi Yong Xin beabsichtigt, das Shaolin Kloster auf die Weltkulturerbenliste der Unesco zu bringen.

Heute sind in der Nähe des Shaolin-Klosters mehr als 30 Kung Fu Schulen angesiedelt. In diesen Schulen lernen Anhänger aus allen Teilen der Welt. Der Kontakt zu Außenstehenden wird weitestgehend vermieden. In seltenen Fällen erhalten Ausländer einen Shaolin Mönch als Lehrer, jedoch dürfen sie nicht im Kloster wohnen.

 



Mystische Welten - Die Rückkehr der Shaolin
Die atemberaubende Kung Fu Show über das Leben der Shaolin Mönche und die mystischen Geheimnisse des Qi Gong